Harter Kampf und gewaltiges Versagen
Die Klimakonferenz in Glasgow sollte eine „Krisen-COP“ sein, ein Rettungsanker für die Millionen von Menschen, die sich in einem permanenten Krisenzustand befinden – angesichts der globalen Pandemie, des steigenden Meeresspiegels, der Bedrohung von Wasser- und Ernährungsunsicherheit sowie des Verlusts von biologischer Vielfalt und Lebensgrundlagen als Folge der von den reichen, umweltverschmutzenden Ländern und Unternehmen verursachten Klimaveränderungen. Der Klimagipfel wurde zur Gerechtigkeitsfrage und die Staatengemeinschaft hat die gefährdeten Inselstaaten des Pazifiks wieder einmal im Stich gelassen.
In Glasgow haben sich früh zwei Erzählungen herauskristallisiert: die der pazifischen Inseln und anderer Nationen, die an vorderster Front des Klimawandels stehen und im Interesse der Menschheit und des Planeten laut und bunt für Klimagerechtigkeit kämpfen, und die der reichen, entwickelten und stark verschmutzenden Nationen, die den Interessen der Lobbyist*innen und Unternehmen für fossile Brennstoffe dienen – und damit nicht nur das ursprüngliche Mandat des Übereinkommens (UNFCCC) verraten, sondern auch die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, die bereits die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise und klimabedingte Verluste und Schäden zu spüren bekommen.
Die Weigerung reicher Länder wie Australien, der USA oder der EU, ein Finanzierungsinstrument für Verluste und Schäden zu unterstützen, obwohl rund 140 Staaten dies auf der COP26 gefordert hatten, ist nicht nur eine verpasste Chance, sondern ein Verrat an den Millionen von Menschen im globalen Süden, für die die Auswirkungen der Klimakrise schon heute gelebte Realität ist.
Eindringliche Botschaft aus Tuvalu
Der Außenminister Tuvalus, Simon Kofe, stand in kniehohem Wasser, als er einen alarmierenden Appell an die Verhandler*innen der COP26 sendete: „We are sinking!“ „Wir versinken!“ Denn die Menschen in Tuvalu und anderen pazifischen Inselstaaten befinden sich schon jetzt in der Ära der klimabedingten Schäden und Verluste. Kleine Fortschritte und vollmundige Versprechungen sind nicht genug. Notwendig und gerecht sind konkrete Verpflichtungen zur Bekämpfung des klimatischen und ökologischen Notstands. Dazu gehören der rasche Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen durch eine gerechte Energiewende und die jährliche Überprüfung der nationalen Klimaziele im Einklang mit dem 1,5 Grad-Ziel.
Die Klimakonferenz war leider nicht der erhoffte Schritt Richtung Klimagerechtigkeit. Durchgesetzt haben sich in Glasgow erneut die reichen Industriestaaten und die Lobby der fossilen Brennstoffe. Die Enttäuschung auf Seiten der pazifischen Delegierten – staatlich als auch zivilgesellschaftlich – ist zurecht groß. Den pazifischen Kampf für Klimagerechtigkeit wird das aber nicht stoppen – im Gegenteil.
Harter Kampf gegen Lobby-Übermacht
COP26 war der exklusivste Klimagipfel aller Zeiten und trotzdem haben sich die pazifischen Aktivist*innen Gehör verschafft. Die Zivilgesellschaft, zusammen mit den staatlichen Verhandlungsführer*innen der pazifischen Inseln haben ihre Linie innerhalb der Verhandlungen gehalten. Die Lobby für fossile Brennstoffe und die mangelnde Führungsrolle der historischen Verursacher sind die Hauptgründe dafür, dass betroffene Staaten noch nicht die Milliarden sehen, die für die Anpassung an den Klimawandel benötigt werden – und auch nicht die Mittel, die gebraucht werden, um für die schon jetzt entstehenden Verluste aufzukommen.
Es ist ein harter Kampf, wenn die Verhandlungsführer*innen der kleinen Inselstaaten den Lobbyist*innen der fossilen Brennstoffe zahlenmäßig 12 zu 1 unterlegen sind.
Es ist ein harter Kampf, wenn die britische Regierung es der Zivilgesellschaft (insbesondere der des globalen Südens) fast unmöglich und unsicher macht, an den Klimaverhandlungen teilzunehmen.
Aber 1,5°C ist keine Option. Es ist eine Lebensversicherung für die Menschen im Südpazifik, eine absolute Notwendigkeit und es muss die Richtschnur für alle Entscheidungen sein, die von jeder einzelnen internationalen Institution, jedem Land und jeder lokalen Behörde getroffen werden.
Die pazifischen Verhandler*innen und Aktivist*innen sind mittlerweile in ihre pazifische Inselheimat zurückgekehrt und sagen laut und deutlich, dass ihr Kampf für Klimagerechtigkeit weitergeht. „We are not drowning, we are fighting!” „Wir ertrinken nicht, wir kämpfen!”
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